Eröffnung der Ausstellung SAL Y SUCRE
Festvortrag Sal Y Sucre 14.04.2010 /
Dr. Peter Otzen
Sehr verehrte Gäste dieser wunderbaren Ausstellungseröffnung,
ich begrüße Sie (ebenfalls) sehr herzlich,
insbesondere freue ich mich wirklich riesig, dass mich - ausgerechnet mich - die beiden Heldinnen dieser tollen Vernissage gebeten haben, „einen bitte nicht zu langen aber einen unbedingt irgendwie Du weißt schon angehauchten“ Fest-Vortrag zu halten. Bei einem großartigen glück- und weinseligen Vorab - Zusammentreffen mit den beiden genialen Künstlerinnen habe ich erfahren dürfen, welch zutiefst berührenden Momente dieser ungewöhnlichen Reise dazu geführt haben, dass wir heute Abend Werke von noch nie da gewesener Schönheit und Ausdrucks- und Willensstärke betrachten, genießen - „und natürlich auch kaufen“ dürfen.
Franziska und Ulla haben auf eine faszinierende Weise ihren künstlerischen Weg fortgesetzt und heimlich, ohne sich mit jemandem darüber auszutauschen, und ohne, dass es jemand bis dato entdeckt hat, wie sehr die beiden in die Mathematik verliebt sind, ja heimlich haben diese beiden hierbei die Regeln, Regelmäßigkeiten und Gesetze der Algebra umgesetzt und sie dann auf eine in der Mathematik höchst unübliche Art interpretiert und für ihre Werke genutzt, wie gesagt, wohl wissend am gewöhnlichen Betrachter vollständig vorbei. Und ich - und das ist kein Zufall mehr, dass ich hier vor Ihnen stehe, das ist Fügung schlechthin - ich kann Ihnen versichern, auch für mich als gestandener Mathematiker, ich versichere Ihnen, ich meine es sehr ernst - das hier ist mehr als nur eine kleine mathematische Sensation, das ist nahezu unfassbar! Ich werde mit dem durch geschicktes Taktieren in besagten gemeinsamen Nächten erpressten Einverständnis der beiden die Gelegenheit nutzen, die mathematisch sensationellen Aspekte dieser ausgestellten Kunstwerke allen Anwesenden so gut es eben geht nahe zu bringen.
Was ist hier passiert?
Das Geheimnisvolle der mathematischen Problematik, das Unerklärbare des Raumes, die Ferne und die Nähe der Unendlichkeit, die Überraschung eines Raumes, der auf der einen Seite beginnt und auf der anderen Seite, die gleichzeitig dieselbe ist, in veränderter Form endet, die Begrenzung ohne feste Grenze, die Vielfalt, die dennoch eine Einheit bildet, die Gleichförmigkeit, die durch die Anwesenheit eines einzigen Kraftakzentes verändert wird, das Kraftfeld, das aus lauter Variablen besteht, die Parallelen, die sich schneiden, und die Unendlichkeit, die in sich selbst zurückkehrt als Gegenwart, und daneben wieder das Quadrat und auch das Rechteck der Bilder an sich, in seiner ganzen Festigkeit, die Gerade, die in von keiner Relativität getrübt wird, und die Kurve, die in jedem ihrer Punkte eine Gerade bildet – all diese Dinge, die scheinbar mit dem täglichen Bedarf der beiden Heldinnen so gar nichts zu tun haben scheinen, sind dennoch von größter Tragweite !
Wie kann so etwas überhaupt auch nur annähernd erklärt werden?
Hat es mit den riesigen Entfernungen zwischen Deutschland und Bolivien zu tun? Hat es mit der Summe der Lebensjahre unserer Heldinnen zu tun, dividiert durch die Länge dieses Ausstellungsraums? Ich habe mir die Mühe gemacht, dieses zunächst scheinbar unlösbare Phänomen mathematisch korrekt zu erfassen, ich habe alle ausgestellten Bilder abgemessen, Länge, Breite und Höhe ermittelt, alles miteinander addiert, es war höllisch anstrengend, aber ich wusste, ganz tief hinter diesem Zahlenwerk lag und liegt die Wahrheit. Am weitesten vorgewagt habe ich mich, als ich alles vereint habe: die Kalender der Maya, der Inka, die Ufer der bolivianischen Salzseen, die Länge aller im Museum in Sucre ausgestellten Strümpfchen der Kinder der herrschenden Inkafürsten, die Längenbreiten der Grab- und Kultstätten der frühen Inkakultur, die dritte Wurzel aus der exakten Dickenmessung der Backen der Coca-Blätter kauenden Busfahrer von Santa Cruz, das vollständige Volumen – in diesem Fall zur zweiten Potenz, alles andere wäre fatal und womöglich statistisch nicht mehr nachvollziehbar – also das Volumen aller Lokomotiven und Waggons des Eisenbahnfriedhofs von Uyuni, multipliziert mit dem Glasaugengewicht - im arithmetischen Mittel – aller auf dem Hexenmarkt magieträchtig ausgestopften Frösche.
Bevor ich es vergesse: ich bin noch nicht fertig!
Ganz zum Schluss
fließt das Kraftfeldmaximum des bunten Friedhofs von Sucre in die Berechnung ein, dreimal dividiert durch die Leiterlänge aller Leitern aller Leiterträger, die so liebevoll für frische Blumen der Hinterbliebenen in schwindelnder Höhe sorgen – wegen der Dreidimensionalität musste ich hier durch drei teilen, ok, das ist auch Ihnen sofort klar, wie ich hier im Raum deutlich spüre.
Und jetzt kommt’s!
Wenn ich also – und jetzt kommt’s !!!!!!!!! –
alle gemessenen Werte mit A, B, C und D benenne, zeigt sich Erstaunliches:
A² x (Wurzel aus (B x C)) = 1823
und siehe da, das entspricht dem Quotienten der Masse von Proton und Elektron.
Ich finde es bemerkenswert, dass eine solche Relation zwischen den allein nur von den beiden geschaffenen Parametern eine so fundamentale Konstante ergibt – es zeigt sich einmal mehr, dass die Schöpferinnen dieser Kunstwerke womöglich übernatürliche Kräfte entwickelt haben, denn – so vermute ich heimlich – waren ihnen die Werte der Massen von Proton und Elektron gar nicht mehr so bekannt.
Aber das ist noch nicht alles:
Die Lichtgeschwindigkeit beträgt wie Sie wissen
2,998 x (10 hoch 5).
Ich errechne „nunmehr“ aus den vorliegenden Parametern:
(D hoch Pi) mal C² mal (B hoch 1/3) mal (A hoch 5) =
2,999 x (10 hoch 5)
Aufgrund der Differenz bei der dritten Stelle hinter dem Komma möchte ich den Physikern und Mathematikern eine Neuberechnung der Lichtgeschwindigkeit nahe legen, denn angesichts der zitierten exakten Übereinstimmung scheint es sehr unwahrscheinlich, dass der Fehler bei den beiden Künstlerinnen liegt.
Ich könnte die Liste dieser überraschenden Ergebnisse noch erheblich verlängern – vielleicht hier noch schnell ein kleines weiteres Belegstück:
Ob Sie es glauben oder nicht, die so genannte Gravitationskonstante G – die ursprünglich von Isaac Newton eingeführte Naturkonstante - ist mit
6,67 x (10 hoch minus 8) schon - verdammt lang her - eindeutig festgelegt worden,
und siehe da, was errechnet sich aus den vom mir mathematisch korrekt ermittelten Vorgaben der beiden – Sie ahnen es -
C hoch minus 5 x (3te Wurzel aus B dividiert durch A x D)
= 6,67 x (10 hoch minus 8) Das ist mehr als faszinierend, oder ? Habe ich zuviel versprochen ? Es ist wie gesagt bei näherer Betrachtung nahezu unfassbar, geradezu unwahrscheinlich geradezu.
Wenn Künstlerinnen wie Franziska und Ulla mit Teilgebieten der Mathematik arbeiten,
auch wie gesagt gezielt unbewusst, diese dann in ihre Werke nichts ahnend geschickt einbringen, schließt das nicht immer unmittelbare Zusammenhänge mit Zahlen ein. Sie wissen sicherlich, was ich meine: die häufig auftretenden Abbildungen wie Achsenspiegelungen zum Beispiel im christlichen Kreuz, Vergrößerungen und Verkleinerungen, so wie in den Darstellungen von Franziska und Ulla, von Drehungen zum Beispiel in den scheinbar unscheinbaren Rosetten in den Details der Salzhotel-Darstellungen, und Parallelverschiebungen wie in den Grabdarstellungen, kurzum, all diese bedürfen zu ihrer Realisierung nicht des Umgangs mit Zahlen. Auch die ebenen und räumlichen Grundformen, aber auch Elemente der Topologie, setzen bei den beiden so überaus sympathischen Künstlerinnen kein Beherrschen irgendwelcher arithmetischen Fertigkeiten voraus. Sogar die perspektivischen Darstellungen, der Goldene Schnitt und der modulare Aufbau lassen sich ohne jede Zahlenrechnung geometrisch konstruieren. In den früheren aber auch in den heute zu bewundernden Kunstwerken der beiden werden diese mathematischen Inhalte, die nicht mit Zahlen operieren, bewusst oder unbewusst eingesetzt.
Den beiden gelang eine bemerkenswerte intellektuelle Leistung: obwohl sie sich aus mathematischer und aber auch aus bibliothekarischer Sicht gerade erst mal wenige Jahre kennen,
also diese 25 Jahre, die die beiden sich kennen, mal 4 dividiert durch 5, das alles hoch 10 mal 6000, multipliziert mal 2 wegen der doppelten Entfernung Köln - Bolivien / hin und zurück,
und obwohl sich dieses so berechnet, haben sie in ihren Bildern nicht selten zwei Lösungen für ein Problem.
Die Erforschung dieses Problems, also des Chaos (Franziska!) - insbesondere des deterministischen, das aber auch bei Einhalten strenger Regeln auftreten kann (Ulla!) – diese Problem-Erforschung steckt mathematisch betrachtet noch völlig in den Kinderschuhen: ein mathematisches Problem ist dann gelöst, wenn man die Existenz und die Eindeutigkeit der Lösung eines Problems nachgewiesen hat. Denken Sie aber nur an die Länge des Ufers des besagten Salzsees, Sie wissen schon, Fraktale, Mandelbrot-Mengen, all der Zauber moderner Mathematik: um so genauer man die Länge des Ufers zeichnet bzw. berechnet, also wenn man sich z.B. an einer bestimmten Stelle des Ufers, den die beiden so überaus clever ausgesucht haben, auf den dortigen Boden kniet, direkt dort, wo das Land aufhört und der See anfängt, und man jetzt jedes Salzkörnchen und jedes Salzsteinchen bis ins Detail genau misst, dauert das abgesehen davon ewig lang und, und das ist in diesem Fall noch wichtiger: um so genauer man misst, um so länger wird das Ufer;
hier Aktion:
Kopie eines Bildes der beiden geschickt zerschnitten zeigen (bzw. vor den Augen der Anwesenden wie beim Fernsehkoch exemplarisch zerschneiden) und durch die zerschnittene Kunst hindurch steigen u.a. auch als Beweis der Genialität der Mathematik in der Kunst
ist klar, das ist für Ulla und Franziska überhaupt kein Problem – es lag sozusagen schon in der Luft, und wenn diese in Bolivien noch so dünn wurde,
hier Aktion:
Nasenspray benutzen, in diesem Zusammenhang BBK erläutern: Bolivianische Beatmungskooperative
sie haben durchgehalten und diese beiden Ausnahme-Künstlerinnen haben gleichzeitig mit einigen wenigen Mathematikkenntnissen zum zentralen Satz einer neuen wissenschaftlich-mathematisch nachweisbaren Kunst - Theorie gefunden. Alle Entwicklungen und Umbrüche, die ich nur andeutungsweise skizzieren konnte, lassen sich nunmehr in dieser Ausstellung in einer Deutlichkeit ablesen, die überrascht. Die Auseinandersetzung mit dem Leben und der Kunst Boliviens und der in sich verborgenen mathematischen Zahlenwelt als Sinnbild und Denkfigur zu Arbeiten von so großer Differenziertheit und Vielfalt, diese noch nie gesehenen Aspekte – und gerade auch aus der uns so wichtigen Kölner Sicht, diese zu verfolgen und neu zu überdenken, das ist das größtmögliche Verdienst dieser beiden großartigen Künstlerinnen, und dafür danken wir Euch beiden von ganzem Herzen !
Nunmehr ist also alles möglich, auch mein Ende,
daher verzichte ich jetzt ganz bewusst auf die sowieso eher völlig unverständliche und wie wir soeben mathematisch korrekt herausgearbeitet haben völlig überflüssige Gesamtergebnisformel – sie kann ggf. auf Wunsch im Anschluss mit mir noch ausführlich diskutiert werden smile – und sage nur noch:
Ich wünsche uns allen noch einen herrlichen Abend -
– und sollten Sie noch Fragen haben an die beiden wunderbaren Künstlerinnen, und davon gehe ich selbstredend aus, denken Sie immer daran: die Mathematik ist die Königin aller Wissenschaften, sie dient dem Transport von Wahrheiten – nicht mehr und nicht weniger, Sie können also im Anschluss wie gesagt auch gerne noch mal versuchen, sich mit mir zu unterhalten !
Vielen Dank für Ihre ungeduldige Aufmerksamkeit !