Wie sind Sie Karikaturistin geworden?
Ich habe die klassischen Techniken auf der Akademie gelernt, aber nebenher immer gerne alle möglichen Leute und Situationen aufs Korn genommen. Obwohl ich mir nach der ersten Veröffentlichung gar nicht richtig vorstellen konnte, daß mir immer wieder etwas einfallen würde, habe ich sofort ohne Abschluß das Studium abgebrochen und mich auf die Karikatur als Beruf gestürzt. Manchmal ist es eben richtig, aufs Gefühl und nicht auf Sicherheit zu achten. Man muss den Zipfel des Schicksals ergreifen...
Wie kommen Sie auf Ihre Ideen?
Ich lese Zeitung, schaue mich um, recherchiere, gehe auf Veranstaltungen, Parteitage, Lesungen, Demonstrationen, kaufe entsprechende Bücher, "schaue den Leuten aufs Maul", wie es so schön heißt.
Ich skizziere übrigens wenig vor Ort und fotografiere schon gar nicht. Denn ich kann mir Dinge am besten merken, wenn ich nur hingucke - und -höre. Dann kann ich auch nach einer Reise alles aus dem Gedächtnis abrufen und ein ganzes Tagebuch malen.
Und wie geht´s dann weiter?
Ich setze mich hin und überlege meine Haltung dazu. Und die Geschichte, die den Inhalt rüberbringen soll. Also beim Parteitag z.B. eine Klofrau, wohin die Politiker alle zum Pinkeln kommen, die das ganze Politgequake kommentiert. Oft mache ich aber auch Tableaus, d.h. Ein Thema aus ganz verschiedenen Perspektiven beleuchten, ohne eine durchgehende Handlung.
Zeichnen Sie vor? Und auf was?
Meistens krakle ich auf Skizzenpapier herum, mit Bleistift. So bringe ich mich selbst in Stimmung. Früher habe ich dann noch mal aufs richtige Zeichenpapier mit Bleistift übertragen.
Heute zeichne ich die Skizzen gleich mit Feder und Tusche auf dem Leuchttisch nach den unterlegten Skizzen durch. Wobei ich dabei noch allerhand herumschieben und Perspektiven und Vorder- und Hintergründe verändern kann.
Was für Werkzeug benutzen Sie?
Feder und China-Tusche, danach zum Kolorieren Aquarellfarben, Tusche, Buntstifte. Deckweiß um Fehler zu vertuschen, kommt heute nicht mehr so oft zum Einsatz wie am Anfang. Routiniertheit ist eben EIN Vorteil vom Älterwerden.
Das richtige Papier ist gar nicht so einfach zu finden. Denn es muß sowohl für Federzeichnung als auch für Leuchtende Wasserfarben geeignet sein. Gravierende Fehler darf man nicht machen, denn bei Aquarell kann man nicht viel verbessern ( scheint durch ).
Und die großen malerischen Bilder?
Auf Leinwand oder Papier. Mit Feder und Tusche, Pinselstift, allen möglichen Farben, Acryl, Aquarell, Buntstift, Pigmente, Materialien, die eingearbeitet werden: Federn, Pflaster, Mallappen, Holz, Gras, Fundstücke, was immer...
Wie lange brauchen Sie für eine Bildgeschichte z. B.?
Mal 1 Woche , mal 3 Wochen. Es kommt auf die Vorarbeiten an und die Schwierigkeit des Zugriffs. Und wie viel man versaut und noch mal machen muß. Oft dauern die Präliminarien am längsten, das Handwerkliche dank Erfahrung nicht mehr so lange wie früher.
Damals habe ich oft Nächte durchgearbeitet, das tue ich jetzt selten.
Zeichnen Sie auch mit dem Computer?
Nö, mit dieser Technik mache ich mich gerade erst vertraut, und alles dauert 100 mal länger als mit der Hand. Außerdem brauche ich das Haptische , das Sinnliche; z. B. klingt ein bemaltes Papier anders als ein unbenutztes. Das ist Musik in meinen Ohren. Der Computer scheint mir dagegen unlebendig.
Was muß man können oder haben, um Karikaturistin zu sein?
Talent; Neugier; Leidenschaft; Üben Üben Üben; Aktzeichnen , um die Bewegung der Körper zu verstehen; Fleiß; man muß Kritik einstecken und positiv umsetzen ( Gerade Frauen fühlen sich durch Kritik oft persönlich getroffen); Spaß an der Groteske, der Übertreibung und eine Haltung zur Welt und zur Politik ; die Möglichkeit zu veröffentlichen , denn nur im Dialog mit dem Betrachter kann Entwicklung liegen; Durchhaltevermögen; Mut zum Bösen und schwarzen Humor.
Wie viele Bilder haben Sie schon gemacht?
Bestimmt tausende. Aber ich mag es nicht, in alten Sachen zu wühlen, ich mache lieber Neues. Allerdings ist es schön, die eigenen Arbeiten ab und zu in Ausstellungen sozusagen objektiviert an der Wand zu sehen, oder natürlich in einem Buch. Dann kann man zurücktreten und sich dran freuen. Und auch mal richtig stolz sein.
Wie groß sind die Originale?
Da ich einen schwungvollen Strich habe, sind meine Originale relativ groß. Viel größer als sie dann gedruckt erscheinen. Dennoch ist es erholsam nach dem durch das Printmedium begrenzten Raum mal ganz groß zu malen, überbordend- das befreit und wirkt sich auch wieder positiv aufs kleine Format aus. Aber auch das kleine Bild muß so gut sein, daß es "trägt", wenn es riesengroß an die Wand projeziert wird.
Machen Sie Lesungen?
Natürlich kann ich nicht aus Sprechblasen lesen, ich zeichne aber live am Overheadprojektor und erzähle was dazu.